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Außenhandel Lesezeit 4 Min.

Indien: Europas Premiumpartner der Zukunft

Die EU unternimmt einen neuen Anlauf, um ein Freihandelsabkommen mit Indien zu schließen. Eine Einigung wäre ein großer Erfolg für Europa und könnte auch dem kränkelnden deutschen Exportmodell einen wichtigen Schub geben.

Kernaussagen in Kürze:
  • Die EU unternimmt einen neuen Anlauf, um ein Freihandelsabkommen mit Indien zu schließen. Ein erfolgreicher Abschluss würde nicht nur einen großen Wachstumsmarkt eröffnen, sondern auch dabei helfen, den europäischen Handel zu diversifizieren.
  • Bereits in den vergangenen Jahren ist die Rolle Indiens für die europäische Wirtschaft gewachsen. Dies gilt auch mit Blick auf Deutschland: Die deutschen Exporte nach Indien legten von 2019 bis 2024 um 42 Prozent zu.
  • Ein Freihandelsabkommen könnte so dem schwächelnden deutschen Export neuen Schwung verleihen.
Zur detaillierten Fassung

Nicht nach China, in die USA oder in einen der südamerikanischen Mercosur-Staaten – die erste Reise der 2024 neu gewählten EU-Kommission ging Ende Februar nach Indien. Das ist ein deutliches Zeichen dafür, wie sehr die EU an engeren Beziehungen mit dem aufstrebenden Staat interessiert ist. Intention des Besuchs: eine neue strategische EU-Indien-Agenda aufsetzen und über ein Freihandelsabkommen verhandeln.

Bereits seit 2007 gab es immer wieder erfolglose Bestrebungen, ein solches Abkommen zu verabschieden. 2022 nahmen beide Seiten die Gespräche nach längerer Pause wieder auf und gründeten in diesem Zuge das EU-Indien Trade and Technology Council – ein Format, das die EU ansonsten nur noch mit den USA pflegt. Ziel ist eine engere Abstimmung in Handelsfragen und in der Technologieregulierung.

Ein indisch-europäisches Handelsabkommen böte eine große Chance, den wachsenden Handel mit dem südasiatischen Land noch stärker auszuweiten und so die Abhängigkeit von China zu reduzieren.

Allerdings erschwert die protektionistische Handelspolitik Indiens, das den heimischen Markt unter anderem durch hohe Importzölle schützt, den neuen Anlauf. Ein Hoffnungsschimmer: Die vier Staaten der europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) – Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz – haben 2024 erfolgreich ein Handelsabkommen mit Indien abgeschlossen. Das dürfte auch daran gelegen haben, dass die EFTA-Staaten sich im Gegenzug zu einer Marktöffnung Indiens dazu verpflichtet haben, ihre Direktinvestitionen dort in den kommenden 15 Jahren um 100 Milliarden Dollar zu erhöhen – ein Modell, an dem sich die EU orientieren könnte.

Ein Freihandelsabkommen mit dem bevölkerungsreichsten Land der Welt würde nicht nur einen großen Wachstumsmarkt eröffnen, sondern auch dabei helfen, den europäischen Handel zu diversifizieren. Schließlich sucht die EU derzeit nach neuen Partnern, um ihre Abhängigkeit von China zu verringern.

Indische Rolle im Außenhandel wächst

Bereits in den vergangenen Jahren ist die Rolle Indiens für die europäische Wirtschaft gewachsen. Dies gilt auch mit Blick auf Deutschland. Zwar ist China – die Lieferungen dorthin machten im Jahr 2024 mit knapp 90 Milliarden Euro nahezu 6 Prozent aller deutschen Exporte aus – aktuell noch ein insgesamt weitaus größerer Abnehmer von Waren und Dienstleistungen als Indien, auf das mit rund 17 Milliarden Euro 1,1 Prozent der gesamten deutschen Ausfuhren entfielen. Der generelle Trend ist jedoch eindeutig (Grafik):

Während die deutschen Ausfuhren nach China von 2019 bis 2024 um rund 6 Prozent zurückgingen, legten die Exporte nach Indien im selben Zeitraum um 42 Prozent zu.

Veränderung der deutschen Warenexporte von 2019 bis 2024 in diesen Gütergruppen in Prozent Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Besonders stark wuchsen in diesem Zeitraum mit einem Plus von fast 89 Prozent die Exporte von Kraftwagen und Kraftwagenteilen nach Indien. Jene ins Reich der Mitte sanken gleichzeitig um rund ein Fünftel. Selbst in Warengruppen wie Gummi und Kunststoff, in denen die Exporte nach China weiter zugelegt haben, war das prozentuale Wachstum der Ausfuhren nach Indien durchgehend deutlich höher.

Ein indisch-europäisches Handelsabkommen böte eine große Chance, den Handel mit dem südasiatischen Land noch stärker auszuweiten. Die EU sollte sich kompromissbereit zeigen und auf eine zügige Einigung hinarbeiten. Das wäre nicht nur ein Gewinn für Europa insgesamt, sondern könnte auch dem schwächelnden deutschen Export neuen Schwung verleihen.

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