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Mindestlohn besser einhalten als erhöhen

Bis Juli 2022 steigt der Mindestlohn stufenweise von 9,35 auf 10,45 Euro – und viele fordern bereits einen Sprung auf 12 Euro. Was das für die Einkommensarmut und die Beschäftigung bedeuten würde, hat das IW mithilfe einer Simulation ausgerechnet.

Kernaussagen in Kürze:
  • Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat angekündigt, den Mindestlohn schneller in Richtung 12 Euro zu erhöhen.
  • Bereits beschlossen ist eine stufenweise Erhöhung auf 10,45 Euro.
  • Damit wächst die Gefahr, dass Unternehmen nach Ausweichmöglichkeiten suchen.
Zur detaillierten Fassung

Mit ihrem Beschluss, den Mindestlohn in vier Stufen auf 10,45 Euro zu erhöhen, ist die Mindestlohnkommission von der Regel abgewichen, sich bei der Anpassung des Mindestlohns an der Tarifentwicklung zu orientieren – daran gemessen, hätte sich ab Januar 2021 ein Mindestlohn von 9,82 Euro ergeben und er wäre dann zwei Jahre lang konstant geblieben.

Kommt es zu erhöhter Arbeitslosigkeit, könnte die Armutsgefährdungsquote durch einen höheren Mindestlohn steigen.

Diesen Wert soll der Mindestlohn jedoch erst 2022 erreichen, um die Unternehmen in der Corona-Krise zu entlasten.

Dennoch: Der an der Tariflohnentwicklung orientierte Mindestlohn wird in der zweiten Hälfte des Jahres 2022 um mehr als 6 Prozent überschritten – und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat im Dezember bereits angekündigt, eine Gesetzesvorlage einzubringen, mit der der Mindestlohn schneller in Richtung12 Euro angehoben werden soll.

Das IW hat die Wirkung der aktuellen und möglicher weiterer Erhöhungen auf die Einkommensarmut und die Beschäftigung simuliert. Die wichtigsten Ergebnisse (Grafik):

So viel Prozent der Bundesbürger sind beziehungsweise wären bei folgendem Mindestlohn armutsgefährdet Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Aktueller Mindestlohn von 9,35 Euro. Gäbe es keine Unterschreitungen, würden also alle Berechtigten den gesetzlichen Mindestlohn erhalten, könnte die Armutsgefährdungsquote der Bevölkerung um einen halben Prozentpunkt auf 15,7 Prozent sinken, ohne dass der Mindestlohn erhöht werden müsste.

Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro. Das würde – wenn es genauso viele Unterschreitungen des Mindestlohns gäbe wie heute – die Armutsgefährdungsquote der Bevölkerung ebenfalls auf 15,7 Prozent drücken, ohne Unterschreitungen würde die Quote um weitere 0,5 Prozentpunkte sinken.

Beschlossene Erhöhung des Mindestlohns auf 10,45 Euro. Verglichen mit dem 12-Euro-Szenario ergeben sich nur geringe Veränderungen: Mit Unterschreitungen würde die heutige Armutsgefährdungsquote um 0,2 Punkte sinken, ohne Unterschreitungen um 0,6 Punkte.

Diese Simulation unterstellt, dass die Erhöhung des Mindestlohns keine weiteren Folgen hat – dem ist aber nicht so. Je stärker der Mindestlohn steigt, desto größer ist die Gefahr, dass die Unternehmen nach Ausweichmöglichkeiten suchen.

Kommt es – insbesondere bei der geringfügigen Beschäftigung – zu erhöhter Arbeitslosigkeit, könnte die Armutsgefährdungsquote sogar steigen.

Unter dem Strich wäre deshalb ein Mindestlohn, der bezahlbar ist und eingehalten wird, besser als ein höherer Mindestlohn, der umgangen wird.

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