Fragwürdige Preisbremse
Das EU-Parlament hat den Vorschlag der EU-Kommission abgelehnt, die CO2-Zertifikate künstlich zu verknappen. Dem Klimaschutz hätte die Maßnahme ohnehin kaum gedient.
- Das EU-Parlament hat den Vorschlag der EU-Kommission abgelehnt, die CO2-Zertifikate künstlich zu verknappen.
- Drei Viertel der Unternehmen, die beim Emissionshandel mitmachen, stehen der Verknappung der Zertifikate negativ gegenüber.
- Im Jahr 2016, so schätzt die Hälfte der betroffenen Betriebe, wird ein CO2-Zertifikat zwischen 10 und 20 Euro kosten.
Seit ein paar Jahren purzeln die Preise für Emissionszertifikate: Die EU-weit rund 11.000 Unternehmen, die dem Emissionshandel unterliegen, können ein Verschmutzungsrecht für eine Tonne CO2 derzeit für weniger als 5 Euro erwerben – Mitte 2011 war es dreimal so teuer, 2008 mussten die Betriebe sogar fast das Sechsfache bezahlen. Um den Preisverfall zu stoppen, plante die EU-Kommission deshalb ein "Backloading": Rund 900 Millionen Zertifikate, die eigentlich zwischen 2013 und 2015 hätten versteigert werden sollen, wären dann erst 2019 und 2020 in den Handel gekommen. Dem hat das EU-Parlament am Dienstag einen Riegel vorgeschoben.
Auch die deutsche Wirtschaft bewertete diese Idee überwiegend kritisch (Grafik):
Drei Viertel der Unternehmen, die beim Emissionshandel mitmachen, stehen der Verknappung der Zertifikate negativ gegenüber.
Auch ein Viertel der Betriebe, die nur indirekt von der Verknappung betroffen sind, zeigt sich besorgt. Sie haben zwar keine unmittelbar höheren Kosten zu tragen wie die Anlagenbetreiber, die am Emissionsrechtehandel teilnehmen. Allerdings könnten höhere Zertifikatspreise den Strompreis verteuern, was viele Unternehmen treffen würde.
Auch unter Umweltaspekten ist die Zertifikateverknappung fragwürdig. Denn die europäische Emissionshandelsrichtlinie schreibt vor, dass bis 2020 in Europa 21 Prozent weniger CO2-Treibhausgase ausgestoßen werden dürfen als noch 2005 – unabhängig davon, wann exakt die Zertifikate in den Handel kommen.
Nach Einschätzung der Wirtschaft dürften sich die Preise für die Verschmutzungsrechte ohnehin stabilisieren: Im Jahr 2016, so schätzt die Hälfte der betroffenen Betriebe, wird ein CO2-Zertifikat zwischen 10 und 20 Euro kosten. Bis dahin dürfte sich auch die Wirtschaft im Euroraum erholt haben – denn die Flaute gilt als ein Hauptverursacher des Überangebots an Zertifikaten.
Emissionsrechtehandel
Der Emissionshandel ist ein Instrument der Umweltpolitik, mit dem die Treibhausgasemissionen gesenkt werden sollen: Seit 2005 müssen energieintensive Unternehmen in Europa für jede Tonne CO2, die bei der Produktion entsteht, ein sogenanntes Emissionszertifikat nachweisen. Die Gesamtmenge der Zertifikate – und damit eben auch die Menge an Treibhausgasen, die innerhalb eines bestimmten Zeitraums ausgestoßen werden dürfen – legt die EU fest. Der Zertifikatspreis wird durch die Nachfrage bestimmt.