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Fluktuation: Zurück aus dem Coronatief

Die Arbeitskräftefluktuation ist in Deutschland seit Jahren recht konstant. Im ersten Jahr der Coronapandemie wechselten allerdings deutlich weniger Menschen ihren Job als sonst. Der Einfluss der wirtschaftlichen Lage auf die Fluktuationsrate ist auch jetzt zu spüren.

Kernaussagen in Kürze:
  • Im Jahr 2022 lag die Fluktuationsrate in Deutschland bei rund 33 Prozent.
  • Aufgrund der anhaltenden wirtschaftlichen Flaute ist davon auszugehen, dass es 2023 wieder weniger Personalbewegungen geben wird.
  • Allgemein wechseln junge Menschen häufiger den Arbeitsplatz als Ältere; Ungelernte und Akademiker wechseln häufiger als Fachkräfte mit Berufsabschluss und Männer häufiger als Frauen.
Zur detaillierten Fassung

Wenn eine Person ein Unternehmen verlässt und eine neue die Aufgaben übernimmt, sprechen Personaler von Fluktuation. Die Fluktuationsrate wiederum beschreibt die Relation von neu begonnenen oder beendeten Jobs zum durchschnittlichen Beschäftigtenbestand. Je mehr Arbeitsplatzwechsel es demnach gibt, umso höher ist die Fluktuationsrate.

Die treibende Kraft dieser Kennzahl sind die Arbeitnehmer. Ihre Kündigungen waren mit knapp 42 Prozent im Jahr 2021 der häufigste Grund für das Ende einer Beschäftigung. In einem Fünftel der Fälle kam die Kündigung vom Betrieb, in jedem zehnten Fall lief ein befristeter Arbeitsvertrag aus. Weitere Gründe für Personalabgänge waren unter anderem einvernehmliche Aufhebungen des Arbeitsvertrags oder Renteneintritte (knapp 9 Prozent).

Im Jahr 2022 wechselten Arbeitnehmer den Job im Schnitt wieder so oft wie vor der Krise.

In Deutschland lag die Fluktuationsrate jahrelang auf einem stabilen Niveau – zwischen 2004 und 2019 fast durchgängig zwischen knapp 31 und gut 33 Prozent. Dann kam die Coronapandemie, durch die der Wert im Jahr 2020 unter 30 Prozent sank. Insgesamt wurden rund 1,3 Millionen weniger Beschäftigungsverhältnisse begonnen und 820.000 weniger beendet als 2019. Im vergangenen Jahr wechselten Arbeitnehmer den Job im Schnitt aber schon wieder so oft wie vor der Krise (Grafik):

Im Jahr 2022 lag die Fluktuationsrate in Deutschland bei rund 33 Prozent.

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Der Grund für den Ausreißer während der Pandemie: Wenn die Wirtschaft schrumpft, halten sich Arbeitgeber mit Neueinstellungen zurück. Arbeitnehmer sind in unsicheren Zeiten zudem meist weniger gewillt, den Job zu wechseln.

Wenn die Wirtschaft wächst, steigt dagegen die Nachfrage nach Arbeitskräften, da Unternehmen ihre Produktion ausweiten und neue Projekte starten. Aus Arbeitnehmersicht heißt das: bessere Chancen auf Jobs mit höheren Löhnen und besseren Arbeitsbedingungen, sodass die Beschäftigten tendenziell häufiger den Arbeitsplatz wechseln.

Die neusten verfügbaren Daten unterstreichen den Zusammenhang zwischen Fluktuation und Konjunktur: Im vierten Quartal 2022 stagnierte das Bruttoinlandsprodukt hierzulande – und die Fluktuationsrate blieb nahezu unverändert. Aufgrund der anhaltenden wirtschaftlichen Flaute ist somit davon auszugehen, dass es im gesamten Jahr 2023 wieder weniger Personalbewegungen geben wird.

Wer wie oft den Job wechselt

Schaut man sich die Fluktuationszahlen genauer an, lassen sich zum Teil strukturelle Unterschiede in der Bevölkerung erkennen (Grafik):

Die Fluktuationsraten stiegen 2022 zwar in allen Bevölkerungsgruppen, unterschieden sich aber je nach Geschlecht, Alter und Bildungsabschluss der Bundesbürger teils deutlich.

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Geschlecht. Die Fluktuation fällt bei Männern im Durchschnitt höher aus als bei Frauen. Der Grund dafür könnte der unterschiedliche Geschlechteranteil in den verschiedenen Branchen sein. So hat zum Beispiel die im Branchenvergleich durchschnittliche Veränderung der Fluktuationsrate im Verarbeitenden Gewerbe einen recht großen Einfluss auf die Veränderung der gesamtwirtschaftlichen Geschlechterdifferenz in den Fluktuationsraten. Dies liegt schlicht daran, dass dieser Wirtschaftszweig einer der größten in Deutschland ist und gleichzeitig einen relativ geringen Frauenanteil aufweist.

Alter. Auffallend hoch ist die Fluktuationsrate bei Arbeitnehmern bis 24 Jahre. Hier dürfte der Einstieg in das Arbeitsleben, beispielsweise von Auszubildenden, eine große Rolle spielen. Hinzu kommen Jobwechsel im Zuge beruflicher Neu- oder Umorientierung – zum Beispiel während der Probezeit. Im klassischen erwerbsfähigen Alter zwischen 25 und 65 Jahren ist die Fluktuation insgesamt wesentlich niedriger – wer über 55 Jahre alt ist, wechselt den Job aber besonders selten.

Berufsausbildung. Bundesbürger ohne Berufsabschluss weisen eine deutlich höhere Fluktuationsrate auf als Personen, die über mindestens einen beruflichen Abschluss verfügen. Dies dürfte sich damit erklären lassen, dass Geringqualifizierte häufiger Jobs ausüben, die weniger berufsspezifisches Wissen erfordern, und deshalb bei Kündigungen oder Entlassungen leichter durch neue Mitarbeiter ersetzt werden können.

Bei Akademikern ist die Fluktuation wiederum höher als bei Personen mit beruflichem Bildungsabschluss. Denkbar wäre, dass Karriereschritte zum Teil auch mit einem Wechsel des Arbeitgebers verbunden sind und dies bei Akademikern häufiger vorkommt.

Die Beispiele zeigen, dass Fluktuation vieles bedeuten kann: dass Geringqualifizierte Einstiegsmöglichkeiten in neue Jobs finden, dass Beschäftigte neue Verdienst- und Karrierechancen in anderen Unternehmen suchen oder dass Auszubildende und neue Arbeitskräfte eingestellt werden. Solche Prozesse sind notwendig und Ausdruck eines funktionierenden Arbeitsmarktes.

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