Energieversorgung: Mehr Flüssiggas aus den USA
Durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine haben sich die weltweiten Energiemärkte verschoben. Deutschland bezieht nun unter anderem Flüssiggas aus den Vereinigten Staaten. Langfristig muss die Bundesrepublik die Versorgungsrisiken im Blick haben.
- Der Angriff Russlands auf die Ukraine hat den internationalen Gasmarkt in eine Krise gestürzt. Deutschland musste sich nach einem neuen Gaslieferanten umschauen.
- Neben Lieferausweitungen innerhalb Europas bezieht die Bundesrepublik seit 2023 Flüssiggas aus den USA.
- Die USA haben sich zum international größten Anbieter von Flüssiggas entwickelt und sind aktuell der zweitgrößte Gaslieferant für die EU.
Der Angriff Russlands auf die Ukraine war nicht nur weltpolitisch eine Zäsur. Er hat auch den internationalen Gasmarkt in eine Krise gestürzt. Die Preise schnellten im Frühjahr 2022 in die Höhe. Deutschland, das wie andere EU-Staaten zuvor stark von russischen Exporten abhängig war, musste sich nach neuen Gasquellen umschauen. Denn Russland stellte die Gaslieferungen in die Bundesrepublik schrittweise ein.
Neben Lieferausweitungen innerhalb Europas fand Deutschland auch in Übersee Ersatz; die USA lieferten ab 2023 Flüssiggas direkt nach Deutschland (Grafik):
6 Prozent der deutschen Gasimporte kamen in Form von Flüssiggas im Jahr 2023 aus den Vereinigten Staaten.
Das mag zunächst wenig erscheinen, doch mit dem Flüssiggas aus Amerika werden die neuen Terminals in der Nord- und Ostsee befüllt, die Deutschlands Flexibilität erhöhen. Außerdem fehlt in der Statistik amerikanisches Flüssiggas, das indirekt über deutsche Nachbarländer hier landet.
Insgesamt haben sich die USA von 2019 bis 2023 zum international größten Anbieter von Flüssiggas entwickelt. Hinter Norwegen sind die Vereinigten Staaten aktuell der zweitgrößte Gaslieferant für die EU. Für die kommenden Jahre erwarten Ökonomen eine weitere Zunahme der US-Exporte.
In der Energieversorgung muss Deutschland stets auf verschiedene Szenarien vorbereitet sein.
Dabei gibt es allerdings ein großes Aber. Denn Anfang des Jahres verhängten die USA einen Genehmigungsstopp für neue Exportprojekte, um die Wirkung der Ausfuhren auf die Preise im Land und die eigene Wirtschaft zu untersuchen. Zwar wurde dieser Stopp inzwischen durch ein Bundesgericht gekippt, aber es zeigt sich: In der Energieversorgung muss Deutschland stets auf verschiedene Szenarien vorbereitet sein. Denn ein erneuter Anstieg der Gaspreise – etwa durch Verknappung von Flüssiggas auf den Weltmärkten – würde die schwächelnde deutsche Wirtschaft hart treffen.
Mittelfristig bleibt Gas für die deutsche Wirtschaft unverzichtbar. Die Grundstoffindustrie zum Beispiel hat bislang nur begrenzt die Möglichkeit, ihre Anlagen auf bezahlbare klimaneutrale Energieträger umzustellen. Ein möglichst schneller Ausbau der erneuerbaren Energien im Land und die damit einhergehenden sinkenden Preise für diese Energieträger würden den Umbau der Wirtschaft beschleunigen und die negativen Effekte höherer Gaspreise deutlich ausbremsen.