Energiekosten: Wer wie von den geplanten Entlastungen profitiert
Die Bundesregierung plant, die Steuern und Umlagen auf Strom zu senken und damit die Bürger bei den Energiekosten zu entlasten. Damit würde sie dem Wunsch der allermeisten Verbraucher nachkommen. Niedrigere Strompreise können aber nur ein erster Schritt sein, wenn es darum geht, die Stromversorgung in Deutschland effizienter zu gestalten.
- Wird das von der neuen Bundesregierung angekündigte Strompreispaket umgesetzt, müsste ein durchschnittlicher Vierpersonenhaushalt mit 34 Cent je Kilowattstunde 5,5 Cent weniger für Strom zahlen als derzeit.
- Auch kleinere Gewerbe sowie Industrieunternehmen würden von den Entlastungen profitieren.
- Die vorgesehene Ausweitung der Strompreiskompensation sowie die ebenfalls geplante Einführung eines Industriestrompreises dürften aber kaum kurzfristig umzusetzen sein – viele Details sind noch unklar und beide Maßnahmen werden eine Zustimmung der EU-Kommission erfordern.
„Sofortmaßnahme“ ist das Schlagwort – entschlossen und schnell will die Bundesregierung den Strom in Deutschland spürbar vergünstigen. Konkret verspricht der Koalitionsvertrag, die Stromsteuer auf das europäische Minimum zu senken. Das hieße, den Steuersatz für private Haushalte von 2,05 auf 0,1 Cent je Kilowattstunde zu reduzieren, für Industrieunternehmen von 1,54 auf 0,05 Cent. Die Einnahmen aus der Stromsteuer, die 2023 bei 6,8 Milliarden Euro lagen, würden dadurch fast gänzlich wegbrechen.
Zudem wollen CDU/CSU und SPD mehrere Umlagen abschaffen, die den Strom bislang ebenfalls verteuert haben – beispielsweise die Offshore-Netzumlage. Damit müsste die öffentliche Hand auf weitere 8,8 Milliarden Euro verzichten.
Insgesamt dürfte das angekündigte Strompreispaket den Staat jährlich mehr als 15 Milliarden Euro kosten.
Je Verbrauchseinheit gerechnet, würden private Haushalte am meisten von den Entlastungsplänen der Bundesregierung profitieren (Grafik):
Wird das Strompreispaket umgesetzt, müsste ein durchschnittlicher Vierpersonenhaushalt mit 34 Cent je Kilowattstunde 5,5 Cent weniger für Strom zahlen als derzeit.
Bei einem Verbrauch von 4.000 Kilowattstunden würde die Familie knapp 220 Euro pro Jahr sparen.
Bevölkerung bevorzugt Entlastung über Strompreis
Auch die vorherige Ampelkoalition hatte die Absicht, die Bürger von den steigenden Energiekosten zu entlasten. Damit der – zur Gestaltung der Energiewende beabsichtigte – Anstieg des CO2-Preises die privaten Energieverbraucher nicht überfordert, wollte die Regierung Scholz eine Direktzahlung, das sogenannte Klimageld, auf den Weg bringen. Realisiert wurde das aber nicht.
Die neue Regierung unter Kanzler Friedrich Merz trifft mit ihrem geplanten Strompreispaket den Nerv der Bevölkerung offenbar deutlich besser, wie die IW-Personenbefragung aus dem vergangenen Jahr zeigt (Grafik):
Im Frühjahr 2024 sprachen sich 84 Prozent der Bundesbürger dafür aus, von den steigenden Energiekosten über einen niedrigeren Strompreis entlastet zu werden – das Klimageld wünschten sich nur 55 Prozent.
Von jenen Haushalten mit einem Monatseinkommen unter 1.500 Euro waren sogar 89 Prozent für eine Kostenentlastung beim Strom.
Das nun avisierte Strompreispaket würde auch kleinere Gewerbe- und mittlere Industriebetriebe besserstellen, ihr Strompreis könnte je nach Verbrauch um bis zu 4,6 Cent je Kilowattstunde sinken.
Für Industrieunternehmen, die besonders energieintensiv produzieren, gelten bereits verschiedene Ausnahmeregelungen bei Steuern, Umlagen und Netzentgelten. Hier plant die Bundesregierung weitere Entlastungsmaßnahmen, zum Beispiel bei der sogenannten Strompreiskompensation. Sie gleicht die Mehrkosten aus, die den Unternehmen in der EU durch den europäischen Emissionshandel in der Stromerzeugung gegenüber Konkurrenten aus Drittstaaten entstehen.
Viele Details noch unklar
Die vorgesehene Ausweitung der Strompreiskompensation sowie die ebenfalls geplante Einführung eines Industriestrompreises dürften aber kaum kurzfristig umzusetzen sein – viele Details sind noch unklar und beide Maßnahmen werden eine Zustimmung der EU-Kommission erfordern.
Grundsätzlich hat die Bundesregierung richtig erkannt, dass das Absenken des Strompreises den Industriestandort Deutschland stärkt. Günstigerer Strom trägt darüber hinaus dazu bei, die deutsche Wirtschaft schneller von fossilen Energieträgern auf – möglichst grüne – Elektrizität umzustellen und damit die Energiewende voranzubringen. Die Akzeptanz dieser Transformation dürfte zudem wachsen, wenn die Bürger sich über eine niedrigere Stromrechnung freuen können.
Ein Absenken des Strompreises stärkt den Standort Deutschland. Allerdings stehen den Entlastungen der Stromkunden hohe Kosten für den Staatshaushalt gegenüber.
Allerdings stehen den geplanten Entlastungen der Stromkunden hohe Kosten für den Staatshaushalt gegenüber – das Problem der bisher zu teuren Energie am Standort Deutschland wird also nur verlagert. Daher muss die Bundesregierung zusätzlich zwingend das Stromsystem in Deutschland auf mehr Effizienz trimmen, sprich: kostensparend umgestalten.
Dabei gilt es unter anderem, die erneuerbaren Energien, die Netze, die Stromspeicher und die regelbaren Kraftwerke bedarfsgerecht auszubauen. Außerdem sollte das Stromnetz vorzugsweise überirdisch wachsen – schließlich sind Freileitungen deutlich günstiger und schneller zu verlegen als Erdkabel.