Digitalisierung hat noch viel Potenzial
Einer aktuellen Studie zufolge kommt Deutschland derzeit auf eine digitale Wirtschaftsleistung von 332 Milliarden Euro – allerdings ist erst ein Fünftel der Unternehmen wirklich in der digitalen Welt angekommen.
- Den Wert der Digitalisierung für die deutsche Volkswirtschaft zu quantifizieren, ist für Ökonomen keine leichte Aufgabe.
- Die IW Consult kommt für 2016 mithilfe einer Unternehmensbefragung auf eine Größenordnung von 332 Milliarden Euro digitale Wertschöpfung.
- Wie viel Potenzial noch in der Digitalisierung schlummert, zeigt sich beim Vergleich von lediglich computerisierten und digitalisierten Unternehmen: Letztere wachsen wesentlich dynamischer.
Keine Frage, die Digitalisierung ist nützlich und sie bringt viele clevere Geschäftsideen hervor. Doch was ist sie wirklich wert? Die Zunft der Ökonomen tut sich derzeit noch schwer, den Nutzen der Digitalisierung genau zu beziffern (Kasten unten). Um diese Erkenntnislücke zumindest für Deutschland zu schließen, hat die TwinEconomics, eine Tochter der Beratungsfirma IW Consult, rund 2.500 Industrieunternehmen und industrienahe Dienstleister danach gefragt, wie stark ihr Geschäftsmodell digitalisiert ist. Die Ergebnisse (Grafik):
- Vier Fünftel der befragten Firmen sind computerisierte Unternehmen. Sie nutzen Internet und EDV nur unterstützend im Rahmen ihrer Geschäftsmodelle.
- Erst ein Fünftel der Unternehmen gilt wegen seiner datenbasierten Angebote als tatsächlich digitalisiert. Diese Unternehmen ermöglichen ihren Kunden, individuell konfigurierte und virtuell geplante Leistungen online und automatisiert zu bestellen.
Während computerisierte Unternehmen gerade einmal 13 Prozent ihres Umsatzes mit digitalen Produkten erzielen, kommen die digitalisierten Unternehmen auf gut 42 Prozent. Ähnlich groß sind die Unterschiede auch beim Digitalanteil an der Wertschöpfung.
Die deutsche Wirtschaft erbrachte 2016 eine rein digitale Wertschöpfung von rund 332 Milliarden Euro.
Zusammen erwirtschafteten Industrie und industrienahe Dienstleister im Jahr 2016 rund 244 Milliarden Euro Wertschöpfung mit digitalen Angeboten. Und selbst wenn man davon die nicht digitalen Komponenten gemischter Produkte noch abzieht, bleibt eine Wertschöpfung von 200 Milliarden Euro übrig.
Hochgerechnet auf die gesamte deutsche Wirtschaft ergibt sich daraus für das Jahr 2016 eine rein digitale Wertschöpfung von 332 Milliarden Euro.
Schon heute geben die digitalisierten Industrieunternehmen und Industriedienstleister 4,3 Millionen Menschen Arbeit. Dass in der Digitalisierung noch mehr Potenzial schlummert, zeigt sich beim Vergleich mit den computerisierten Firmen:
Während Unternehmen mit digitalen Geschäftsmodellen im Zeitraum von 2013 bis 2016 ein durchschnittliches Mitarbeiterwachstum von 54 Prozent verzeichneten, kamen die computerisierten lediglich auf 28 Prozent.
Ein Grund für diesen Unterschied im Beschäftigungsaufbau dürfte auch die dynamische Umsatzentwicklung sein. So steigerten die digitalisierten Unternehmen ihre Erlöse in den vergangenen drei Jahren um mehr als 100 Prozent, die computerisierten dagegen lediglich um 43 Prozent.
Studie
Das Produktivitätsrätsel
Erstaunlicherweise ist die technologische Produktivität in den vergangenen Jahren nicht gestiegen, obwohl die Digitalisierung eine Form des technischen Fortschritts darstellt, der theoretisch Ressourcen jeglicher Art sparen müsste. Sie ermöglicht zudem modernere Produktionsprozesse und bringt ganz neue Angebote an Waren und Dienstleistungen hervor. Die Erklärungsversuche für dieses sogenannte Produktivitätsrätsel sind mannigfaltig. Angeführt wird etwa, dass die Wirkungen der Digitalisierung erst zeitverzögert zu Buche schlügen – während die dafür nötigen Investitionen, also der Kapitalaufbau, schon heute anfielen. Außerdem können manche positiven Effekte in den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen gar nicht abgebildet werden, so etwa unentgeltlich im Internet bereitgestellte Leistungen – insbesondere der unmittelbare Zugriff auf Wissen für jedermann.