Interview Lesezeit 2 Min.

„Die Voraussetzungen für die Transformation der Automobilindustrie sind gut“

Digitalisierung und Dekarbonisierung stellen insbesondere die deutsche Automobilindustrie vor große Herausforderungen. Wie die Branche diesem Wandel am besten begegnet, erklärt Johannes Ewald, Referent bei der IW Consult und Mitautor einer Studie zu regionalen Automobilnetzwerken.

Kernaussagen in Kürze:
  • Johannes Ewald von der IW Consult hat herausgefunden, dass deutschlandweit 260.000 Beschäftigte im Bereich der Verbrennertechnologie arbeiten, während sich bereits 125.000 Mitarbeiter mit der Elektrifizierung des Antriebsstrangs, der Automatisierung und dem vernetzten Fahren beschäftigen.
  • Um Arbeitsplätze zu erhalten, sollten vom Strukturwandel betroffene Beschäftigte gezielte Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen erhalten, empfiehlt Ewald.
  • Wichtig sei außerdem, dass sogenannte Chancenfelder in der Automobilindustrie gezielt erschlossen würden – etwa indem Innovationsnetzwerke oder Start-up-Initiativen gefördert werden.
Zur detaillierten Fassung

Wie viele Arbeitsplätze werden in der deutschen Automobilbranche durch Digitalisierung und Dekarbonisierung wegfallen?

Wir haben eine reine Status-quo-Betrachtung vorgenommen, potenzielle Arbeitsplatzverluste waren nicht Bestandteil der Untersuchung. Was wir aber herausgefunden haben, ist, dass deutschlandweit 260.000 Beschäftigte im Bereich der Verbrennertechnologie arbeiten, während sich bereits 125.000 Mitarbeiter in der Automobilindustrie mit den automobilen Chancenfeldern der Elektrifizierung des Antriebsstrangs, der Automatisierung und dem vernetzten Fahren beschäftigen.

Gleichwohl gibt die Studie Empfehlungen, wie der Strukturwandel in der Automobilindustrie mit möglichst geringen Arbeitsplatzverlusten erfolgen könnte.

Wir haben 40 Regionen identifiziert, die besonders an der Verbrennertechnologie hängen – dort hat also ein hoher Anteil der Beschäftigten mit Teilen und Komponenten des traditionellen Antriebsstrangs zu tun. Damit diese Regionen weiter prosperieren, benennen wir fünf Maßnahmen, die umgesetzt werden sollten.

Bis 2030 hat es die Automobilwirtschaft im Optimalfall geschafft, Arbeitsplätze, die aufgrund des Endes des Verbrennungsmotors wegfallen, mit neuen Jobs vor allem in den Bereichen Fahrzeugautomatisierung und -vernetzung zu kompensieren.

Sehr wichtig wäre es, dass die betroffenen Beschäftigten gezielte Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen erhalten, denn es gibt ja einen Bedarf an neuen Kompetenzen wie beispielsweise in der Elektrifizierung oder im Leichtbau. Idealerweise sollten die Unternehmen diese Schulungen mit Weiterbildungseinrichtungen und Bildungsträgern zusammen entwickeln. Wichtig ist außerdem, dass sogenannte Chancenfelder gezielt erschlossen werden – etwa indem Innovationsnetzwerke oder Start-up-Initiativen gefördert werden.

Johannes Ewald ist Referent bei der IW Consult; Foto: IW Medien Was wird das kosten? Und wer soll das bezahlen?

Was genau das exakt kosten wird, ist noch nicht absehbar. Fest steht aber: Alle Akteure, auch die Unternehmen selbst, müssen in die Pflicht genommen werden. Zusätzlich gibt es den Zukunftsfonds Automobilindustrie, der mit 1 Milliarde Euro ausgestattet ist und auf dessen Fördertöpfe sich Regionen bewerben können.

Letztlich gilt es, die finanziellen Mittel zur Gestaltung des automobilen Wandels in einen Kontext zu setzen. Mit der Automobilwirtschaft können in Deutschland rund 3,3 Millionen Arbeitsplätze assoziiert werden. Die Wertschöpfung liegt bei 275 Milliarden Euro pro Jahr. Hier sind große Anstrengungen angemessen, den weltweit exzellenten Ruf Deutschlands in das neue automobile Zeitalter zu übertragen.

Wie wird die deutsche Autoindustrie 2030 aussehen?

Bis dahin hat es die Automobilwirtschaft im Optimalfall geschafft, Arbeitsplätze, die aufgrund des Endes des Verbrennungsmotors wegfallen, mit neuen Jobs vor allem in den Bereichen Fahrzeugautomatisierung und -vernetzung zu kompensieren. Die Voraussetzungen sind gut – es gibt ja bereits Regionen, für deren Wirtschaft alternative Antriebstechnologien und Automatisierung eine große Rolle spielen. In den nächsten Jahren werden etwa 139 Milliarden Euro an Investitionen in automobile Chancenfelder fließen – vor allem durch die deutschen Erstausrüster, also Volkswagen, Audi, BMW, Daimler, Opel, Ford und MAN.

Müsste man angesichts des Klimawandels nicht über andere Transportlösungen nachdenken? Zum Beispiel weniger fahren oder Busse und Bahnen kostenlos anbieten?

Man kann den Herausforderungen der ökologischen Transformation nicht nur mit einer Maßnahme begegnen. Ein Ausbau der Schienennetze und des ÖPNV ist wichtig, doch gerade im ländlichen Raum wird das in Zukunft immer öfter elektrisch angetriebene Auto für die individuelle Mobilität wichtig bleiben.

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