Die große Anzeigennot
Die „Financial Times Deutschland“ wurde schon eingestellt, die „Frankfurter Rundschau“ kämpft ums Überleben. Sinkende Auflagen und die zunehmende Anzeigennot machen den Printmedien das Leben schwer, vor allem die Wirtschaftstitel trifft es hart.
- Sinkende Auflagen und die zunehmende Anzeigennot machen den Printmedien das Leben schwer - vor allem die Wirtschaftstitel trifft es hart.
- Im Jahr 2012 haben allein die Wirtschaftsmagazine rund 20 Millionen Euro weniger mit Werbung umgesetzt als noch 2011 – ein Rückgang von mehr als 11 Prozent.
- Der Bruttowerbeumsatz der zehn werbestärksten Wirtschaftsmagazine hat sich in den vergangenen zehn Jahren um 28 Prozent auf gut 124 Millionen reduziert.
Rückblick: Am 21. Februar 2000 startete die deutsche Ausgabe der „Financial Times“ (FTD) – mit hohen Erwartungen. Die Geschäftsführung ging davon aus, spätestens nach fünf Jahren mit 120.000 verkauften Zeitungsexemplaren die Gewinnschwelle zu erreichen.
Zwölf Jahre später ist der lachsfarbene Traum ausgeträumt, die „FTD“ erschien am 14. Dezember 2012 zum letzten Mal. Das Blatt schrieb permanent rote Zahlen und konnte sein Auflagenziel nie erreichen – zuletzt verkaufte die „FTD“ rund 102.000 Exemplare.
Bleibt die Frage, wo die ehemaligen „FTD“-Leser gelandet sind. Auch bei der Konkurrenz – das lässt zumindest die gestiegene Auflage des „Handelsblatts“ vermuten. Die nunmehr einzige täglich erscheinende Wirtschaftszeitung verkaufte im letzten Quartal 2012 mehr als 138.600 Exemplare – ein Plus von 1,3 Prozent gegenüber dem vierten Quartal 2011. Gestiegen sind auch die Klick-Zahlen von handelsblatt.com. Ob das Düsseldorfer Blatt so für Werbekunden wieder attraktiver wird, ist abzuwarten. Insgesamt sieht es hier mau aus:
Im Jahr 2012 haben allein die Wirtschaftsmagazine rund 20 Millionen Euro weniger mit Werbung umgesetzt als noch 2011 – ein Rückgang von mehr als 11 Prozent.
Bei den Publikumszeitschriften gingen die Werbeeinnahmen im Schnitt lediglich um gut 4 Prozent zurück.
Damit hat sich der langjährige Trend fortgesetzt, denn der wegbrechende Werbemarkt ist für Wirtschaftsmedien nichts Neues (Grafik):
Der Bruttowerbeumsatz der zehn werbestärksten Wirtschaftsmagazine hat sich in den vergangenen zehn Jahren um 28 Prozent auf gut 124 Millionen reduziert.
Im Ranking der 50 werbestärksten Zeitschriften taucht die „WirtschaftsWoche“ als erster Wirtschaftstitel erst auf Platz 18 auf. Danach folgt lange nichts – lediglich „Capital“ schafft es noch, sich zu platzieren, landet aber als Schlusslicht auf Platz 50. Angeführt wird das Ranking vom „Spiegel“ mit einem Werbeumsatz von gut 132 Millionen Euro im vergangenen Jahr.
Die Gründe für die Schrumpfkur der Wirtschaftsmedien sind zahlreich. Sicherlich macht ihnen, wie anderen Printmedien auch, die Digitalisierung zu schaffen. Im World Wide Web hat sich eine Gratiskultur entwickelt, die meisten Informationen können schnell und kostenlos abgerufen werden – mit Inhalten, dem Kernprodukt von Medien, lässt sich kein Geld verdienen. Hinzu kommt, dass Teile des Anzeigengeschäfts von Print in den Onlinebereich gewandert sind. Zudem macht auch die Tagespresse den Wirtschaftsmedien Konkurrenz, da sie ebenfalls regelmäßig über Wirtschaftsthemen berichtet.
Nicht zuletzt liegt die Misere aber auch an fehlender Identifikation der Verlage mit ihren Titeln (Interview) und am verloren gegangenen Vertrauen der Leser. Während des Booms der New Economy und im Vorfeld der Finanzkrise 2007 hatten auch die Profis in den Wirtschaftsredaktionen so manches neue Finanzprodukt mehr oder weniger ungeprüft in den Börsenhimmel gelobt – die kritische Berichterstattung jedenfalls setzte meist erst später ein.
Interview: “Größere Chance mit kleineren Einheiten“
Der Verlag „Gruner+Jahr“ hat das Wirtschaftsmagazin „impulse“ aufgegeben und per Management-Buy-Out an Chefredakteur Nikolaus Förster verkauft. Der neue Herausgeber über die Zukunft von „impulse“ im Besonderen und die Wirtschaftspresse im Allgemeinen.
Was macht Sie so optimistisch, dass es mit „impulse“ klappt?Das Magazin hat, außer im Krisenjahr 2009, zuletzt immer schwarze Zahlen geschrieben. Das macht mich optimistisch. Der zweite Punkt ist, dass die großen Gemeinkosten eines Konzerns nicht mehr anfallen. Drittens kann man Dienstleistungen im freien Markt sehr viel günstiger einkaufen als innerhalb eines Konzerns. Nichtsdestotrotz hat auch „impulse“ im Anzeigengeschäft Federn gelassen. Was wollen Sie dagegen tun? Wir haben ein ganz neues Konzept und das hat in der Branche für Wellen gesorgt. Durch sogenannte KMU-Rabatte wollen wir auch Mittelständlern die Chance geben, „impulse“ als Anzeigenplattform zu entdecken. Warum aber überhaupt „impulse“? Was unterscheidet das Magazin von anderen?Im Gegensatz zu anderen Titeln sprechen wir explizit Unternehmer an. Damit haben wir eine ganz klare Zielgruppe. Ich glaube generell, dass Titel mit einer klaren Fokussierung die besten Chancen haben, am Markt zu überleben. Euro, Schuldenkrise, Fachkräftemangel – Wirtschaftsthemen beherrschen die öffentliche Diskussion. Wieso tun sich Wirtschaftsmedien dennoch so schwer?Es gibt zwei große Erlösströme, den Lesermarkt und den Anzeigenmarkt. Natürlich besteht in einer Krise eine größere Nachfrage nach Informationen. Das hilft den Wirtschaftsmedien, weil dadurch in der Regel die Auflage steigt. Das Problem ist, dass viele Informationen nicht mehr per Print abgerufen werden, sondern digital. Im Anzeigenmarkt dagegen sind Unternehmen in der Krise sehr zurückhaltend. Haben Wirtschaftsmedien noch eine Zukunft?Auf jeden Fall, denn es wird immer einen großen Bedarf an unabhängigen Informationen geben. Aber im Zeitalter der Gratisinformationen im Netz müssen sich Journalisten die Frage stellen, ob das, was sie tun, gut genug ist, damit der Leser dafür zahlt. Auf jeden Fall kann die Branche nicht so weitermachen wie bisher. Hat Deutschland zu wenig Blattmacher, die Wirtschaftstitel erfolgreich am Markt positionieren können?Ja, ich glaube, da ist etwas dran. Die großen Verlage in Deutschland sind sehr groß geworden, sodass die Identifikation des Verlegers mit seinen einzelnen Marken nicht mehr selbstverständlich ist. Wenn aber der Bezug fehlt, können Verleger nicht mehr erfolgreich wirtschaften. Deswegen glaube ich, dass die kleineren Einheiten eine größere Chance haben, denn sie kennen ihren Markt extrem gut. Die kleinen Verlage sind schneller, flexibler und nicht so bürokratisch.