IW-Konjunkturumfrage Lesezeit 3 Min.

Deutsche Wirtschaft etwas optimistischer

Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat sich gegenüber dem Spätherbst 2022 verbessert, wie die aktuelle IW-Konjunkturumfrage zeigt. Dies gilt vor allem für den Dienstleistungssektor, während die Unternehmen im Baugewerbe weiterhin sorgenvoll nach vorn blicken. Insgesamt geben die positiveren Umfrageergebnisse noch keine Anhaltspunkte für einen bevorstehenden Aufschwung.

Kernaussagen in Kürze:
  • Die Unternehmen in Deutschland blicken laut aktueller IW-Konjunkturumfrage optimistischer auf das Jahr 2023 als noch in der Befragung im Herbst.
  • Besonders gut ist die Stimmung im Dienstleistungssektor, das Baugewerbe dagegen schaut angesichts vieler Probleme pessimistisch in die Zukunft.
  • Regional betrachtet sind die Unternehmen in der Region Süd-West – also in Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland – am zuversichtlichsten.
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Im Winter blieb die Energieversorgung in Deutschland stabil, die Preise für Energie haben sich von den Allzeithochs ein gutes Stück entfernt. Und auch die internationalen Lieferketten funktionieren wieder besser. Das alles führt dazu, dass die Unternehmen in Deutschland mit mehr Optimismus auf das Jahr 2023 blicken als im Herbst (Grafik):

Der Saldo der positiven und negativen Produktionssaussichten der deutschen Betriebe für 2023 liegt derzeit bei annähernd plus 10 Prozentpunkten.

Erwartungen der Unternehmen zu Produktion, Investitionen und Beschäftigung für das Jahr 2023 Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Bei der vergangenen IW-Befragung im Herbst 2022 betrug der Saldo von Optimisten und Pessimisten noch minus 14 Prozentpunkte.

Auch die wirtschaftlichen Kennzahlen bewegen sich in die richtige Richtung. Nach einer Rezession im vierten Quartal 2022 (minus 0,5 Prozent) stagnierte das Bruttoinlandsprodukt laut Statistischem Bundesamt in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres.

Maßgeblich für diese Entwicklung ist die gestiegene Industrieproduktion. Hervor sticht dabei die Automobilindustrie. Nach Einbrüchen durch die Coronapandemie und den Beginn des Ukraine-Kriegs erreicht sie nun wieder das Produktionsniveau des vierten Quartals 2019. Auch in der energieintensiven Chemieindustrie zeigt die Kurve moderat nach oben, wenngleich die Produktionslücke zum Jahr 2021 noch groß ist.

Diese positiven Eindrücke spiegeln sich auch in den Erwartungen der Industrie wider (Grafik):

39 Prozent der vom IW befragten Industrieunternehmen rechnen für 2023 mit steigenden Investitionen im Vergleich zum Vorjahr; nur 26 Prozent gehen von einem Rückgang aus.

Erwartungen der Industrie, des Dienstleistungssektors und des Baugewerbes in Deutschland für das Jahr 2023 Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Auch mit Blick auf die Beschäftigung und die Produktion ist die Industrie zuversichtlich. Die positiven Aussichten für 2023 übersteigen die negativen um 5 beziehungsweise 6 Prozentpunkte.

Noch besser ist die Stimmung in der Dienstleistungsbranche. Seit dem vergangenen Herbst hat sich der Saldo der Produktionserwartungen von minus 3 auf nunmehr plus 22 Prozentpunkte gedreht. Vor allem in der Informations- und Kommunikationswirtschaft sowie im Bereich Transport und Logistik ist der Aufwärtstrend zu erkennen. Dagegen macht die Inflation vor allem dem Handel weiterhin zu schaffen, sodass die Unternehmen hier unterm Strich für 2023 sogar negative Geschäftserwartungen haben.

Die besten Ergebnisse der gesamten Umfrage liefert der Dienstleistungssektor in puncto Beschäftigung:

Nur 18 Prozent der befragten Dienstleistungsfirmen wollen 2023 Stellen abbauen – 44 Prozent erwarten dagegen, dass ihre Belegschaft im Laufe des Jahres wachsen wird.

Die Unternehmen der Informations- und Kommunikationstechnologie haben den größten Bedarf: Drei von fünf wollen Personal aufbauen.

Ganz anders ist die Situation in der Bauindustrie. Sie hat mit zahlreichen Problemen zu kämpfen, unter anderem den im vergangenen Jahr stark gestiegenen Material- und Energiekosten. Außerdem haben sich die deutlich erhöhten Bauzinsen negativ auf die Baunachfrage ausgewirkt. Hinzu kommt der anhaltende Fachkräftemangel. Diese Gemengelage führt dazu, dass der Anteil der Baufirmen, die pessimistisch auf das Jahr 2023 schauen, den Anteil der Optimisten um mehr als 10 Prozentpunkte übersteigt – und zwar in allen Teilbereichen der Konjunkturumfrage.

Die Unternehmen in der Region Süd-West – also in Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland – sind laut IW-Konjunkturumfrage für das Jahr 2023 am zuversichtlichsten.

Nicht nur zwischen den einzelnen Branchen, auch im regionalen Vergleich gibt es in der IW-Frühjahrsumfrage deutliche Unterschiede. Seit 2021 werden die 16 Bundesländer vom IW in sieben Analyseregionen unterteilt.

Am zuversichtlichsten sind der aktuellen IW-Umfrage zufolge die Unternehmen in der Region Süd-West – also in Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland.

Hier gehen 39 Prozent der Firmen für 2023 von einer höheren Produktion als 2022 aus, nur 18 Prozent rechnen mit einem Rückgang. Ähnlich positiv ist das Stimmungsbild in der Region Nord-Ost (Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Berlin).

Einen knapp negativen Saldo weist die Region Süd-Ost (Sachsen und Thüringen) auf. Möglicherweise lassen sich die schlechteren Aussichten aus der stärkeren Einbindung dieser Region in den Handel mit mittel- und osteuropäischen Volkswirtschaften ableiten. Ähnlich zurückhaltend äußern sich die Unternehmen in Nordrhein-Westfalen. Das könnte am relativ hohen Anteil der energieintensiven Wirtschaftszweige liegen, die trotz der mittlerweile entspannteren Lage am Energiemarkt verhältnismäßig skeptisch sind.

Unterm Strich blicken die Unternehmen in Deutschland derzeit wieder etwas optimistischer nach vorn. Gleichwohl reichen die positiven Salden der aktuellen Konjunkturumfrage bei Weitem nicht an die Werte aus wirtschaftlichen Aufschwungzeiten heran. Eine weitere Erholung der deutschen Wirtschaft ist zwar zu erwarten, die Hoffnung auf einen starken Aufwärtstrend ist derzeit allerdings schwach.

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