Der kleine Unterschied von 15 Jahren
Ein Grund für den Lohnunterschied zwischen den Geschlechtern ist die Tatsache, dass Frauen wesentlich seltener Vollzeit arbeiten als Männer. Die Vollzeit-Lücke entsteht in der Phase der Familiengründung und Kinderbetreuung – und wird im Laufe des Lebens immer größer.
- Frauen verdienen noch immer weniger als Männer
- Der Grund dafür liegt vor allem in den unterschiedlichen Lebensarbeitszeiten
- Männer arbeiten mehr Vollzeit als Frauen
Am 20. März ist wieder Equal Pay Day. Bis zu diesem Tag müssten Frauen theoretisch über das Ende des vorherigen Jahres hinaus weiterarbeiten, um den gleichen Durchschnittsverdienst wie Männer im Vorjahr zu erhalten. Das Statistische Bundesamt beziffert diese Lohnlücke seit Jahren auf 22 Prozent.
Das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung hat diese Zahl schon vor Jahren zur „Unstatistik des Monats“ gekürt. Sie liefere keinerlei Information darüber, „ob bei der Entlohnung Frauen und Männer wirklich ungleich behandelt werden“. Bestehende Unterschiede wie zum Beispiel in Sachen Ausbildung, Berufserfahrung und Arbeitszeit würden dabei gar nicht berücksichtigt.
In der Tat lassen sich beispielsweise bei der Arbeitszeit beachtliche Differenzen feststellen (Grafik):
Männer im Alter von 60 bis 65 Jahren haben durchschnittlich 38 Jahre in Vollzeit gearbeitet – gleichaltrige Frauen fast 15 Jahre weniger.
Dabei ist die Vollzeit-Lücke zwischen Frauen und Männern zu Beginn des Berufslebens noch sehr klein, die Kluft tut sich erst in der Rushhour des Lebens auf – also dann, wenn zwischen 30 und 40 die ersten Karriereschritte anstehen, mit der Geburt und der Betreuung von Kindern aber gleichzeitig auch die Familienphase beginnt.
Allerdings wird die Lücke auch später nicht kleiner, sondern wächst sogar. In dieser Lebensphase sind Berufstätige vermutlich häufig auf Ganztagsangebote in der Schule angewiesen, auch die Pflege von hilfebedürftigen Angehörigen gewinnt an Bedeutung. Außerdem sind für die älteren Beschäftigten traditionelle Erwerbsmuster oft noch ein größeres Thema als für jüngere.
Wie eine neue Studie des IW Köln zeigt, ist – neben anderen Faktoren – gerade die in Vollzeit gesammelte Berufserfahrung ein wichtiger Erklärungsfaktor für die Verdienstunterschiede von Frauen und Männern.
Wenn der Staat Frauen also helfen will, die Vollzeit-Lücke zu schließen, dann am besten mit Angeboten, die es ihnen erleichtern, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen und – wenn gewünscht – Vollzeit zu arbeiten.
equal pacE
Zur freiwilligen Analyse von Entlohnungsunterschieden zwischen den Geschlechtern steht Unternehmen nun auch international (zunächst im Vereinigten Königreich) das Software-Tool equal pacE zur Verfügung (www.equal-pace.eu). Es basiert auf dem in Deutschland etablierten Analyseverfahren Logib-D (Lohngleichheit im Betrieb – Deutschland, www.logib-d.de), das vom Bundesfamilienministerium gefördert wird. equal pacE steht für „equal gender pay analysis for a competitive Europe” und wird schrittweise auch in Finnland, Frankreich, Polen und Portugal eingeführt. equal pacE wird durch das PROGRESS-Programm der EU kofinanziert und durch das Bundesfamilienministerium finanziell unterstützt.