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China: In welchen Branchen die Abhängigkeit groß ist

Von China sind diverse Länder und Industriezweige mehr oder weniger wirtschaftlich abhängig. Welche Branchen mit dem Reich der Mitte am stärksten verflochten sind, hat das IW in einer neuen Studie analysiert.

Kernaussagen in Kürze:
  • Vom Handel mit China sind diverse Länder mehr oder weniger abhängig. Auf Vorleistungsebene ist Deutschland nicht über die Maßen an China gebunden.
  • Betrachtet man die einzelnen Wirtschaftszweige, bestehen aus deutscher Sicht die engsten Verbindungen in der Elektroindustrie.
  • Unternehmen sollten sich hier breiter aufstellen. Die Politik kann sie mit neuen Freihandelsabkommen und Investitionsgarantien unterstützen.
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Die Globalisierung sorgte jahrelang für mehr Wohlstand. Doch der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und der schwelende Konflikt zwischen China und Taiwan offenbaren die Schattenseiten der weltweiten Vernetzung. Denn durch wirtschaftliche Abhängigkeit werden außenpolitische Entscheidungen mitunter heikel. Das gilt nicht nur für Deutschland, dem eine besonders hohe Abhängigkeit von China nachgesagt wird.

Deshalb wird hier, aber auch innerhalb der EU seit einer Weile über die Verringerung zu hoher Abhängigkeiten diskutiert. Im Fokus steht dabei China. Das Reich der Mitte ist für viele Wirtschaftszweige einer der stärksten Liefer- und Absatzmärkte.

Nähe führt zu Abhängigkeit

Wie groß die Abhängigkeit der deutschen Industriebranchen von China ist, hat das Institut der deutschen Wirtschaft in einer neuen Studie untersucht. Die Forscher nutzten dabei die von Eurostat veröffentlichten FIGARO-Daten (Full International and Global Accounts for Research in Input-Output Analysis) für das Jahr 2020. Dadurch erhielten sie eine genaue Übersicht über die globalen Verflechtungen auf der Vorleistungsebene, also zwischen den Wirtschaftszweigen hier wie dort. Die reine Außenhandelsstatistik bietet diese Einblicke nicht.

Auf Länderebene zeigt sich, dass geografische Nähe zu besonders engen Beziehungen führt (Grafik):

Knapp 20 Prozent der Vorleistungen, die Japans Industrie im Jahr 2020 aus dem Ausland bezog, stammten aus China. Russland kam auf 16,5 Prozent. So viel Prozent der ausländischen Vorleistungslieferungen für das Verarbeitende Gewerbe in diesen Industriestaaten stammten 2020 aus China Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Auch die weiter entfernten USA und Tschechien erreichen zweistellige Werte. Deutschlands Industrie landet von den elf betrachteten Industrienationen mit einem Anteil von 6,6 Prozent auf Platz neun, ist also in dieser Hinsicht nicht besonders abhängig von China.

Zur Gesamtbilanz der Länder tragen die einzelnen Industriezweige in höchst unterschiedlichem Maß bei. So machen chinesische Vorleistungen in Japans Textil- und Bekleidungssektor mehr als 55 Prozent der ausländischen Lieferungen aus. In der japanischen Kokerei und Mineralölverarbeitung sind es dagegen gerade einmal 3,5 Prozent.

China ist zwar ein bedeutsamer Lieferant und Abnehmer im deutschen Vorleistungshandel. Eine hohe Abhängigkeit besteht aber nur in wenigen Branchen.

Die Zahlen verdeutlichen, dass sich ein Blick auf die Ebene der Wirtschaftszweige lohnt. Eine solch extreme Abhängigkeit wie in der japanischen Textilindustrie gibt es in Deutschland zwar nicht. Dennoch erreichen die Anteile der Lieferungen aus China an allen Vorleistungsimporten in sechs Industriezweigen zweistellige Werte. Am höchsten sind sie im elektrotechnischen Bereich:

Knapp ein Fünftel ihrer ausländischen Vorleistungen bezogen die deutschen Hersteller von Datenverarbeitungsgeräten, elektrischen und optischen Erzeugnissen im Jahr 2020 aus China.

Bei den Produzenten elektrischer Ausrüstungen waren es gut 16 Prozent. Der in der Bundesrepublik traditionell starke Maschinenbau kaufte rund 10 Prozent seiner importierten Vorprodukte in China ein. Gering ist die Abhängigkeit bei den Herstellern von Nahrung, Getränken und Tabak (2,7 Prozent) sowie in der Pharmabranche (2,6 Prozent).

Im Gegenzug zu den Vorleistungseinfuhren aus China liefern deutsche Unternehmen auch selbst Vorprodukte ins Reich der Mitte. Dadurch könnte eine Abhängigkeit von China als Absatzmarkt entstehen. Die FIGARO-Daten zeigen, dass die deutsche Industrie gemessen an ihren globalen Exporten viel stärker Chinas Wirtschaftszweige mit Vorleistungen beliefert (Anteil 16,1 Prozent) als die dortigen Endverbraucher mit fertigen Waren (Anteil 9,5 Prozent).

Relativiert werden die deutschen Vorleistungslieferungen an China allerdings, wenn man auch die Lieferungen einbezieht, die innerhalb Deutschlands zwischen den Branchen erfolgen. So liegt der Anteil Chinas an allen deutschen Vorleistungslieferungen der Industrie bei 7,2 Prozent.

Das IW hat anhand einer weiteren Datenquelle darüber hinaus berechnet, wie viele Arbeitsplätze in Deutschland in den einzelnen Wirtschaftszweigen vom Geschäft mit China abhängen. Weil die Erhebung der benötigten Daten, die neben Waren auch Dienstleistungen umfassen, aufwendig ist, sind die neuesten Angaben allerdings nur für das Jahr 2018 verfügbar (Grafik):

Im Sonstigen Fahrzeugbau waren 2018 rund 9 Prozent der hiesigen Arbeitsplätze von den Exporten nach China abhängig. So viel Prozent der Jobs in Deutschland in diesen Branchen hingen im Jahr 2018 direkt oder indirekt vom Exportgeschäft mit China ab Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Im Maschinenbau war der Anteil mit gut 7 Prozent ebenfalls relativ hoch. In diesem Wirtschaftszweig sind mit rund 88.000 Stellen die meisten Jobs vom Handel mit China abhängig. Über alle Industriezweige hinweg hingen im Jahr 2018 nur etwas mehr als 5 Prozent der Arbeitsplätze in Deutschland oder umgerechnet gut 400.000 Stellen direkt oder indirekt vom Export nach China ab.

Unterm Strich zeigen die Daten, dass China zwar ein bedeutsamer Lieferant und Abnehmer im deutschen Vorleistungshandel ist. Eine hohe Abhängigkeit besteht aber nur in wenigen Branchen wie beispielsweise der Elektroindustrie. Hier sind die Unternehmen gefordert, ihre Handelspartner stärker zu streuen beziehungsweise neue Partner in anderen Ländern zu finden. Die Politik sollte die Betriebe dabei unterstützen, etwa durch Freihandelsabkommen oder durch Delegationsreisen sowie mehr Investitions- und Exportkreditgarantien.

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