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des Instituts der deutschen Wirtschaft

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Digitalisierung Lesezeit 3 Min.

Datenmarkt: Regulierung versus Wachstum?

DSGVO, Datengesetz, AI Act und weitere Verordnungen: Die EU reguliert das digitale Geschehen stark. Viele europäische Unternehmen fühlen sich dadurch im globalen Wettbewerb benachteiligt. Wie sehr Regulierungen das Geschäft im digitalen Raum tatsächlich beeinflussen, hat das IW untersucht.

Kernaussagen in Kürze:
  • Auf einer Skala von 0 (hohe Regulierung) bis 6 (geringe Regulierung) erreichten die digitalen Märkte in den EU-Ländern im Jahr 2024 Werte zwischen 0,7 und 1,1 – jene in Japan und den USA dagegen einen Wert von 4,0 beziehungsweise 4,7.
  • Während der Anteil des Datenmarktes am Bruttoinlandsprodukt zwischen 2018 und 2023 in den USA um die Hälfte zulegte und sich in Japan fast verdoppelte, betrug das Wachstum in Deutschland gerade einmal rund 18 Prozent.
  • Die EU muss daher bei der Regulierung digitaler Märkte einen Mittelweg finden, der sowohl den fairen Wettbewerb sichert als auch Innovationen ermöglicht.
Zur detaillierten Fassung

„The US innovates, the EU regulates“ – mit diesem oft zitierten Satz beschrieb das internationale Wirtschaftsmagazin „Forbes“ im Jahr 2024 die im internationalen Vergleich zahlreichen regulatorischen Maßnahmen der EU, vor allem im digitalen Bereich.

Die Aussage kommt nicht von ungefähr: Bereits 2016 trat die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in der EU in Kraft, um personenbezogene Daten zu schützen. 2022 verabschiedete die EU das Gesetz über digitale Märkte und das Gesetz über digitale Dienste, um den fairen Wettbewerb auf digitalen Plattformen sicherzustellen und die Verbreitung illegaler Inhalte einzuschränken. Weitere Regulierungen folgten: Das Daten-Governance-Gesetz und das Datengesetz, die Mitte 2023 beziehungsweise 2024 in Kraft traten, sollen einen digitalen europäischen Binnenmarkt schaffen und den fairen Zugang zu Daten sicherstellen. Und im vergangenen Jahr kam mit dem AI Act noch ein Gesetz zum Umgang mit künstlicher Intelligenz hinzu.

Die EU muss bei der Regulierung digitaler Märkte einen Mittelweg finden, der sowohl den fairen Wettbewerb sichert als auch Innovationen ermöglicht.

Alle diese Gesetze und Verordnungen sollen Nutzerrechte stärken und verhindern, dass große Digitalkonzerne wie Meta oder Amazon ihre Marktmacht missbrauchen. Das ist grundsätzlich richtig und wichtig – allerdings kommen gleichzeitig die in Europa verkauften digitalen Güter und Dienstleistungen oftmals von anderen Kontinenten.

Dort regulieren viele Länder ihre digitalen Märkte deutlich weniger, wie eine Analyse der OECD zeigt (Grafik):

Auf einer Skala von 0 (hohe Regulierung) bis 6 (geringe Regulierung) erreichten die digitalen Märkte in den EU-Ländern im Jahr 2024 Werte zwischen 0,7 und 1,1 – jene in Japan und den USA dagegen einen Wert von 4,0 beziehungsweise 4,7.

Durchschnittswert für das Ausmaß der Regulierung digitaler Märkte in ausgewählten Ländern auf einer Skala von 0 (hohe Regulierung) bis 6 (geringe Regulierung) Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Mittlerweile ist die digitale Regulierung in den Staaten der Europäischen Union sogar etwas höher als in China. Im Jahr 2018 war das Reich der Mitte noch der einzige Staat, der bereits ein stark reguliertes digitales Umfeld hatte.

Unterschiedliche Entwicklung des Datenmarktes

Europäische Unternehmen mit digitalen Geschäftsmodellen könnten durch die umfangreichen Vorschriften im globalen Wettbewerb benachteiligt sein – zulasten der Innovationsfähigkeit. Inwiefern eine stärkere Regulierung tatsächlich mit schlechteren Geschäften einhergeht, hat das IW untersucht. Dafür verglichen die Forscher die Bedeutung des Datenmarktes – darunter fallen alle Geschäfte mit datenbasierten Produkten und Dienstleistungen – für das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der Länder mit dem jeweiligen Regulierungsniveau. Die Ergebnisse:

Bereits im Jahr 2018 spielte der Datenmarkt in den Vereinigten Staaten – mit nahezu 1 Prozent des BIP – oder in Japan (0,7 Prozent) eine deutlich größere Rolle als in den meisten EU-Ländern. In Deutschland beispielsweise machte die digitale Wirtschaft nur knapp 0,5 Prozent der Wirtschaftsleistung aus. Noch darunter lag zu diesem Zeitpunkt China mit gut 0,2 Prozent.

Noch bemerkenswerter war allerdings die Entwicklung in den darauffolgenden fünf Jahren – in vielen EU-Staaten wuchs der Datenmarkt tatsächlich langsamer als in den Hauptwettbewerbsländern (Grafik):

Während der Anteil des Datenmarkts am BIP zwischen 2018 und 2023 in den USA und China um gut 47 beziehungsweise knapp 59 Prozent zulegte und sich in Japan fast verdoppelte, betrug das Wachstum in Deutschland gerade einmal rund 18 Prozent.

So viel Prozent des nominalen Bruttoinlandsprodukts dieser Länder entfielen auf den Datenmarkt Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

In vielen weiteren EU-Ländern wie Spanien, Belgien, Italien, Griechenland, Dänemark oder den Niederlanden wuchs der Anteil um 9 bis 20 Prozent und damit in ähnlichem Maße wie in Deutschland; in Portugal stagnierte er sogar.

Eine starke Regulierung tritt also offenbar gleichzeitig mit einem im Verhältnis zur Gesamtwirtschaft geringeren Wachstum des Datenmarktes auf. Zwar ist dieser Zusammenhang nicht unbedingt kausal, zu denken geben sollte er dennoch.

Regulierungen regelmäßig prüfen

Was heißt das für die EU? Grundsätzlich bleibt Regulierung für die Staatengemeinschaft notwendig, um Marktmachtmissbrauch zu verhindern und die Verbraucher zu schützen. Ein überbordender oder sehr komplexer Gesetzesrahmen kann jedoch dazu führen, dass europäische Unternehmen im globalen Digitalwettbewerb weiter zurückfallen. Die EU muss daher einen Mittelweg finden, der sowohl den fairen Wettbewerb sichert als auch Innovationen ermöglicht. Ein erster Ansatzpunkt könnte sein, die bestehenden Digitalregulierungen regelmäßig und in kurzen Zeitabständen in ihrer Wirkung zu prüfen – und dann zu ändern, falls die Gesetze innovationshemmend wirken oder andere, nicht beabsichtigte Folgen haben.

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