Berufsausbildung Lesezeit 3 Min.

Digitalisierung fordert Unternehmen und Berufsschulen heraus

Der digitale Wandel und die Corona-Pandemie verändern die Geschäftsmodelle von Unternehmen und Branchen. Deshalb sollte auch die Ausbildung auf die technologische Dynamik sowie auf neue Trends schneller und umfassender reagieren.

Kernaussagen in Kürze:
  • Im vergangenen Jahr wurden fast 10 Prozent weniger neue Ausbildungsverträge abgeschlossen als 2019.
  • Geht das Interesse an einer Ausbildung weiter zurück, wird sich der Fachkräftemangel bald noch deutlich verschärfen.
  • Daher sollte die Berufsausbildung schneller und umfassender auf den digitalen und strukturellen Wandel der Wirtschaft reagieren.
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Die Corona-Pandemie hat starke Auswirkungen auf den Ausbildungsmarkt (Grafik):

Im Jahr 2020 wurden 9,4 Prozent weniger Ausbildungsverträge geschlossen als im Vorjahr.

Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge im Jahr 2020 Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Am stärksten waren die Rückgänge in der Industrie und im Handel. Das ist wenig überraschend, denn dort sind besonders viele Unternehmen von Schließungen und Kurzarbeit betroffen. Andere Ausbildungsbereiche wie etwa der öffentliche Dienst sind bislang besser durch die Krise gekommen. Auch viele Gewerke im Handwerk und freie Berufe erweisen sich als vergleichsweise stabil. In der Landwirtschaft gab es sogar einen Zuwachs von 500 neuen Ausbildungsverträgen gegenüber 2019.

Die Bewerberzahlen und die angebotenen Ausbildungsstellen gehen auch in diesem Jahr zurück – ein Alarmsignal für die Nachwuchssicherung.

Auch in diesem Jahr gehen die Bewerberzahlen und die angebotenen Ausbildungsstellen zurück, bis April waren gut 10 Prozent weniger Bewerber zu verzeichnen – ein Alarmsignal für die Nachwuchssicherung. Denn nach wie vor besteht in vielen Berufen ein Fachkräftemangel:

Derzeit fehlen in Deutschland laut einer Studie des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung trotz Pandemie 65.000 qualifizierte Handwerker.

Geht das Interesse an einer Ausbildung weiter zurück, wird sich der Fachkräftemangel bald noch deutlich verschärfen. Grund für die derzeit mangelnde Nachfrage am Ausbildungsmarkt ist zum einen, dass die Berufsorientierung virtuell deutlich schlechter gelingt als sonst, wo im Rahmen von Praktika und auf Ausbildungsmessen direkte Gespräche geführt und Eindrücke vor Ort gesammelt werden können. Viele Schüler hängen deshalb derzeit lieber noch ein weiteres Jahr oder sogar zwei Jahre Schule dran.

Hinzu kommt, dass sich auch die Geschäftsmodelle von Unternehmen und Branchen dynamisch weiterentwickeln. In einigen Bereichen fehlen passende Ausbildungsprofile und Konzepte, die mit der technologischen Dynamik Schritt halten. Daher sollte die Ausbildung schneller und umfassender auf diesen digitalen und strukturellen Wandel der Wirtschaft reagieren: Nötig ist dafür ein von Bund und Ländern finanzierter „Digitalpakt Berufliche Bildung“, der die digitale Infrastruktur für Berufsschulen, Betriebe und Beschäftigte stärkt.

Dieser sollte zum einen den Berufsschulen zugutekommen. Sie benötigen eine angemessene Ausstattung, zeitgemäß qualifiziertes Lehrpersonal und mehr organisatorische Flexibilität im dualen System. Berufsschullehrer und auch Ausbilder sind fachlich und methodisch für den digitalen Wandel fit zu machen und in ihrer Rolle als Impulsgeber und Lernprozessbegleiter zu stärken. So könnten sie Auszubildende noch mehr zu eigenverantwortlichem und selbst organisiertem Lernen motivieren, deren Medienkompetenz fördern und sie besser auf die Anforderungen in der digitalen Arbeitswelt vorbereiten.

Nötig sind Angebote, die zum lebenslangen Lernen animieren

Unternehmen wiederum benötigen geeignete Lernplattformen, um den Zugriff auf relevante Lerninhalte für ihre Auszubildenden und Beschäftigten möglichst arbeitsplatznah anzubieten. Über solche Plattformen kann zudem die Lernortkooperation zwischen Betrieben und Berufsschulen, aber auch mit Hochschulen und anderen Bildungspartnern gestärkt werden.

Hilfreich wäre es auch, mehr Experimente in der Qualifizierung zu wagen. So könnten neben etablierten Bildungsanbietern auch Tech-Frontrunner und Innovatoren dazu beitragen, dass smarte Bildungsräume entstehen, die zum lebenslangen Lernen animieren. Denn die Basisausbildung und anschließende Spezialisierung in einem Beruf sollten künftig noch flexibler werden, damit die Fachkräfte von morgen spätere berufliche Wechsel möglichst flexibel meistern und aktiv gestalten können.

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